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Influenza „Duhuuuuuu? Wie kann ich eine Influenza werden?“ Mein Mensch kommt gerade zur Tür herein, da platze ich schon mit meiner genialen Idee heraus. „Picco, du bist ein Bär, kein Virus!“ tönt es streng zurück. „Influenza ist eine Infektionskrankheit. Wenn du Pech hast, bekommst du höchstens eine Bären-Grippe.“ „Aha! Dachte ich’s mir doch… also genau mein Berufsfeld!“ denke ich triumphierend. „Du sagst doch immer, dass ich das Smartphone zur Seite legen, ein Praktikum beim Schäfer oder Imker machen, mein Studium beenden, mir einen Job suchen und mich endlich mal nützlich machen soll!“ Und damit nicht genug plappere ich weiter: „Aber schau mal, als Influenza könnten wir kostenlos in den feinsten Restaurants essen, alle wären überfreundlich aus Angst vor meinem Urteil, wir bekämen Luxuscremes, Champagner und wilde Partys en masse! Ich wäre der Star - und du mein glamouröses Anhängsel!“ Mein Mensch verdreht nur die Augen. Und ich fahre fort: „Ja, aber ich bin doch nicht alleine mit meiner Lebensphilosophie. Ich schreibe meine Kolumne, betreibe meine Instagram-Kanäle und ich habe alles, was ich brauche - warum soll ich mich anstrengen?“ Mein Mensch setzt sich zu mir. „Picco, du gehörst zur jungen Generation, ich sehe dich immer posten und posten, aber im Alltag kriegst du nichts hin. Das finde ich sehr bedenklich. Ich vermisse das Leuchten in deinen Augen, die Leidenschaft für eine Sache und das harte Arbeiten dafür, deine Ziele zu erreichen - hast du überhaupt welche? Stattdessen träumst du von Gratis-Parfüm. Weißt du noch, wie empört du warst, als wir das letzte Mal in unserem Lieblingsrestaurant waren?“ Ich will schon kontern, da erinnere ich mich an diesen peinlichen Restaurantabend. Neben uns saßen drei „Influenzen“ so wie wir bei einem vegetarischen Fünf-Gänge-Menü, ein kulinarischer Ritterschlag; ein Menü, dass um ein Vielfaches raffinierter und köstlicher war als jedes andere, das wir je genießen durften - nicht einmal im Pariser 3-Sterne-Restaurant von Monsieur P. Und was machen diese frechen Schnösel??? Stochern lustlos darin herum, als wären sie zuhause Chefköche, die täglich Trüffel auf Toast frühstücken. Am Ende merken sie dem Restaurantchef gegenüber an, dass ihnen nichts! einfach gar nichts! geschmeckt hat. Ein vernichtendes Urteil. Alles „ungenießbar“. Ich als Bär fand das völlig unangemessen. Diese Arroganz dreier verwöhnter, verzogener, überheblicher Vertreter einer Jugend, die mit ebensolchen Untaten den Ruf einer ganzen Generation zunichte machen könnte… „Ja, flüstere ich jetzt leise, ich habe mich sehr für die drei geschämt. Sie haben weit weniger Empathie als Reichweite in ihren asozialen Netzwerken. Da schuften Menschen mit Hingabe und die drei verwöhnten Smartphoneschnapper urteilen sie mit einem Wisch und einem Hashtag in Grund und Boden. Reichweite ohne Reife. Macht ohne Mühe. Sie können hart arbeitende Menschen und ihre Wirkungsstätte auf einen Schlag vernichten, ohne je selbst richtig gearbeitet zu haben. Und leider bringen negative Bewertungen viel mehr Aufmerksamkeit - wer hat ihnen nur diese Macht gegeben?" Mein Mensch ergänzt: „Dabei fehlen überall Fachkräfte: junge, dynamische Menschen mit Träumen und Zielen, Menschen, die anpacken wollen.“ „Ja“, sage ich, in Gedanken noch bei den drei Schnorrern, … „für so ein Urteil“, knurre ich, „sollte man sie vier Wochen in der Sterneküche des V. schuften lassen: Zwiebeln schneiden bis zum Heulen, Töpfe schrubben bis die Pfoten bluten. Mal sehen, wie viel Arroganz dann noch übrigbleibt!“ Ich stelle mir das bildhaft vor, mein Mensch anscheinend auch, denn sie lächelt, meint dann aber: „Ganz im Ernst, diese sogenannten sozialen Netzwerke sind mehr Schein als Sein, Picco.“ „Ha!“ lache ich. „Dann hatte ich doch nicht so unrecht: Influenza heißt nicht nur „Einfluss“ sondern ist tatsächlich eine schlimme Krankheit - nur eben nicht nur für den Körper, sondern für den Verstand! Aber keine Sorge: ich helfe dir heute beim Kochen - und das, mein liebster Mensch, das ist echte Reichweite!“ Danke für die Inspiration, meine liebe Muse |
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